Ein Gesellschafter einer GmbH kann Ansprüche der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG gegen ihren Fremdgeschäftsführer grundsätzlich nicht im eigenen Namen geltend machen.

Mit Urteil 25.1.2022 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es bei einer im eigenen Namen durch einen Gesellschafter einer GmbH erhobene Klage gegen einer Nichtgesellschafter (hier Fremdgeschäftsführer) an der Prozessführungsbefugnis fehlt. Die Klage war daher bereits unzulässig.

Die Prozessführungsbefugnis ist eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens und auch in der Revisionsinstanz vorliegen muss (BGH, Urteil vom 19.12.2017 II ZR 255/16, ZIP 2018, 276 Rn. 9 f.). Ein Gesellschafter einer GmbH kann Ansprüche der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG gegen ihren Fremdgeschäftsführer grundsätzlich nicht im eigenen Namen geltend machen. Insbesondere kann der Gesellschafter seine Klagebefugnis nicht auf eine actio pro socio stützen, weil der Fremdgeschäftsführer nicht Gesellschafter der GmbH ist. Ein Ausnahmefall, in dem nach der Rechtsprechung des BGH im Personengesellschaftsrecht die Gesellschafterklage gegen einen dritten Gesellschaftsschuldner zulässig ist, ist nicht gegeben. Es kann daher auf sich beruhen, ob diese Rechtsprechung auch auf die GmbH anzuwenden und auf den Fremdgeschäftsführer zu erstrecken ist.

Eine Öffnung der Gesellschafterklage für Ansprüche der Gesellschaft gegen den Fremdgeschäftsführer im Allgemeinen ist auch nicht angezeigt. Die Zulässigkeit einer Gesellschafterklage gegen den Fremdgeschäftsführer lässt sich nicht mit einer treuhänderischen Sonderrechtsbeziehung oder organstreitähnlichen Binnenbeziehung zwischen Gesellschafter und Geschäftsführer begründen. Der Fremdgeschäftsführer ist als Gesellschaftsorgan allein der Gesellschaft gegenüber treupflichtig. Die Zuständigkeit der Gesellschafter für Bestellung und Anstellung des Geschäftsführers nach § 46 Nr. 5 GmbHG führt zu keiner rechtlichen Bindung an den einzelnen Gesellschafter. Ansprüche der Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer mögen auch als Sozialansprüche bezeichnet werden, ohne dass mit dieser begrifflichen Festlegung etwas über die Reichweite des mitgliedschaftlichen Klagerechts des Gesellschafters zugunsten der Gesellschaft ausgesagt wird. Die Gesellschafterklage dient auch nicht dazu, Gleichbehandlung zwischen verklagbaren Gesellschafter-Geschäftsführern mit Fremdgeschäftsführern herzustellen.

Aus § 148 AktG lässt sich für die Gesellschafterklage gegen den Fremdgeschäftsführer nichts gewinnen. Die Vorschrift ist auf die Aktiengesellschaft zugeschnitten und schließt außerhalb ihres Anwendungsbereichs eine actio pro socio im Aktienrecht aus. Sie kann schon deshalb kein Argument dafür liefern, die Gesellschafterklage im GmbH-Recht unter Verzicht auf ihre Anwendungsvoraus-setzungen gegen die Geschäftsleitung zuzulassen. Die Gesellschafter einer GmbH sind zudem nicht in vergleichbarer Weise schutzbedürftig wie die Aktionäre, da jene über deutlich stärkere Mitwirkungs-, Kontroll- und Informationsrechte verfügen als die Aktionäre. Die Öffnung der Gesellschafterklage für Ansprüche gegen den Fremdgeschäftsführer ist in rechtsformvergleichender Perspektive auch sonst nicht veranlasst.

Mehr Gewicht haben die für die Einbeziehung des Fremdgeschäftsführers in die Gesellschafterklage angeführten Effektivitäts- und Praktikabilitätserwägungen. Mit der dem einzelnen Gesellschafter nach dieser Auffassung im Interesse effektiver Anspruchsdurchsetzung zuzubilligenden Klagekompetenz geht allerdings zwangsläufig die Entwertung der Kompetenzen der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 8 Var. 1 GmbHG einher, die gute Gründe dafür haben mag, von der Verfolgung vermeintlicher, fragwürdiger und sogar zweifelsfreier Ansprüche gegen den Fremdgeschäftsführer abzusehen. § 46 Nr. 8 Var. 1 GmbHG macht die Verfolgung derartiger Ansprüche von einem Beschluss der Gesellschafter abhängig, weil dem obersten Gesellschaftsorgan überlassen werden soll, ob ein Geschäftsführer wegen einer Pflichtverletzung belangt und die damit verbundene Offenlegung innerer Gesellschaftsverhältnisse trotz der für Ansehen und Kredit der Gesellschaft möglicherweise abträglichen Wirkung in Kauf genommen werden soll.

Daher ist es vorzugswürdig, den Streit, ob die Anspruchsverfolgung im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt oder ihm widerspricht, zwischen den Gesellschaftern auszutragen. Weigert sich die Gesellschafterversammlung, einen Anspruch gegen den Fremdgeschäftsführer zu verfolgen, kann jeder Gesellschafter die Rechtsverfolgung durch Anfechtungs- und Beschlussfeststellungsklage erzwingen. Mit der Anfechtungsklage und der positiven Beschlussfeststellungsklage kann ein die Rechtsverfolgung billigender Beschluss der Gesellschafterversammlung erreicht (§ 46 Nr. 8 Var. 1 GmbHG) und ein besonderer Vertreter zur Durchsetzung des Anspruchs gegen den Fremdgeschäftsführer bestellt werden (§ 46 Nr. 8 Var. 2 GmbHG). Durch die Bestellung eines besonderen Vertreters kann sichergestellt werden, dass der Anspruch mit dem nötigen Nachdruck verfolgt wird. Diese Möglichkeit ist jedem Gesellschafter insbesondere dann eröffnet, wenn die Stimmabgabe gegen die Inanspruchnahme des Fremdgeschäftsführers missbräuchlich ist.

BGH, Urteil vom 25.1.2022 – II ZR 50/20